Konjunkturboard Ostschweiz Q4 2023 Abkühlung in der Ostschweizer Wirtschaft verlangsamt sich
Die wirtschaftliche Situation zeigt sich bei den Ostschweizer Unternehmen im dritten Quartal weiterhin solide. Nach wie vor besteht eine grosse Diskrepanz zwischen Binnenmarkt und Exportsektor. Letzterer leidet unter der schwachen Wirtschaftsentwicklung im Ausland. Insbesondere bei den wichtigen Handelspartnern Deutschland und China ist die Wirtschaft ins Stocken geraten. Gut die Hälfte der Industrieunternehmen berichtet von einer ungenügenden Nachfrage. Zusätzlich belasten die nach wie vor zu hohen Lagerbestände. «Der Lagerabbauzyklus dürfte aber in den kommenden Quartalen in den meisten Branchen zu Ende sein und damit den Auftragseingang wieder etwas ankurbeln», erklärt Beat Schiffhauer, Konjunktur- und Finanzexperte bei der St.Galler Kantonalbank. «Im Maschinen- und Fahrzeugbau hat der Optimismus mit Blick auf die zukünftige Geschäftsentwicklung zuletzt bereits zugenommen», fügt Beat Schiffhauer an. Anders sieht es in der Metallindustrie aus. Dort dürfte die Abkühlung der wirtschaftlichen Tätigkeit weitergehen.
Binnenmarkt weiter robust
Die wirtschaftliche Abkühlung erreicht vermehrt auch die binnenorientierten Branchen. Die Geschäftslage im Detailhandel hat sich zuletzt leicht verschlechtert und wird nun erstmals seit 2.5 Jahren «nur» als neutral beurteilt. Insgesamt beobachtet der Detailhandel eine zunehmende Preissensitivität der Kunden. Trotz zuletzt schwächerer Nachfrage dürfte der Detailhandel auch in den kommenden Monaten stützend für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung wirken. «Der Detailhandel blickt positiv auf die weitere Geschäftsentwicklung und rechnet mit einem positivem Weihnachtsgeschäft», erläutert IHK-Chefökonom Jan Riss. Im Bausektor wird die aktuelle Lage weiterhin als gut eingeschätzt. Vor allem im Baunebengewerbe sind die Auftragsbücher voll. «Unterstützend wirken vor allem energetische Sanierungen bestehender Immobilien», begründet Jan Riss. Trotz Zinsanstieg und einem Rückgang der Neubautätigkeit berichten auch die Unternehmen des Bauhauptgewerbes noch kaum von einer Abkühlung.
Personalrekrutierung bleibt herausfordernd
Trotz wirtschaftlicher Abkühlung und nachlassender Nachfrage ist in den meisten Branchen der Mangel an Arbeitskräften weiterhin die grösste Herausforderung. «Über die Hälfte der Bauunternehmen in der Ostschweiz berichten derzeit von einem Mangel an Arbeitskräften», so Jan Riss. Auch in anderen Branchen, wie etwa dem Gastgewerbe, bekunden die Unternehmen weiterhin Mühe, geeignetes Personal zu finden. In den stark von der globalen Abkühlung betroffenen Sektoren, Industrie und Grosshandel, gibt es aber zunehmend auch Überkapazitäten. «Insgesamt ist am Arbeitsmarkt wieder etwas mehr Bewegung spürbar», erläutert Jan Riss. Die Arbeitsplatzsicherheit bleibt aber hoch und dürfte die Konsumausgaben auch in den kommenden Monaten stützen.
Der Franken wird wieder zum Thema
Da die Inflation im wirtschaftlich relevanten Ausland in den letzten Monaten gesunken ist, können Ostschweizer Unternehmen Preiserhöhungen nicht mehr im gleichen Stil durchsetzen. «Folglich wird der starke Schweizer Franken vermehrt wieder zum Belastungsfaktor», erklärt Beat Schiffhauer. Die Frankenstärke wird in Kombination mit der globalen Abkühlung die Exportunternehmen auch in den kommenden Monaten herausfordern.
Keine neuen Impulse zum Jahreswechsel
Positive Impulse dürften in den kommenden drei bis sechs Monaten mehrheitlich ausbleiben. «Die höheren Zinsen entfalten zunehmend ihre Wirkung und drücken in immer mehr Branchen auf die Nachfrage», so Beat Schiffhauer. Das globale Umfeld bleibt aufgrund der gestiegenen Zinsen, der weiterhin hohen Inflation sowie geopolitischer Risiken schwierig. Während die wirtschaftlichen Aussichten für Deutschland und China herausfordernd bleiben, dürfte die USA den globalen Konsum weiterhin stützen.
«Die Ostschweizer Unternehmen können zurzeit mit den Herausforderungen umgehen. Die Unsicherheiten bleiben gross, Verunsicherung ist aber kaum zu spüren», erklärt Beat Schiffhauer.